Monatsbetrachtung Dezember
Monatsbetrachtung für Dezember mit freundlicher Gemehmigung von
Frau Dr. Pia Aumeier
Am Dornbusch 8
44803 Bochum
E-Mail: Pia.Aumeier@rub.de
Tel. 0170 / 3 17 59 32
- Abb.1: Hohe Winterverluste müssen nicht sein! Etwa 30% seiner Völker verlor der deutsche Durchschnittsimker im letzten Winter. Imker, die sich in Vortrags veranstaltungen auf dem aktuellen Stand des Wissens halten („Imker eigene Umfrage“) erlitten nur halb so hohe Verluste. Kaum vom winterlichen Sterben betroffen waren Völker, die im Kooperationsprojekt „Betriebsweisen im Vergleich“ („BiVProjekt“, Initiative des Bieneninstitutes Celle, der Ruhr-Universität Bochum und der Landesanstalt für Bienenkunde Hohenheim) betreut wurden.
Last but not least
2010, das war das Jahr des Ameisenlöwen und des Schönbären. Dabei handelt es nicht etwa um entlaufene Raubtiere, sondern um sehr seltene Insektenarten. Ihnen wurde besondere Aufmerksamkeit zuteil, die Öffentlichkeit sollte so für ihren Schutz sensibilisiert werden. Auch unsere Honigbiene stand wieder im Fokus … leider häufig mit negativen Schlagzeilen. Von „rätselhaftem Bienensterben“, „Pestizid-Drama“ oder „Nahrungsknappheit für summende Erntehelfer“ war da in Rundfunk, Fernsehen oder im Blätterwald zu hören.
Klar ist: für die weitaus meisten Völkerverluste sind wir Imker selbst verantwortlich, in UNSERER Macht liegt es, Nahrungsmangel, Wohnungsnot und Parasitendruck von unseren Haustieren zu nehmen (Abb.1). Wie dies einfach, kostengünstig und zeitsparend möglich ist, durfte ich 2010 in Ihrer Fachzeitschrift beschreiben.
DANKE
möchte ich meiner Leserschaft von Herzen sagen! Und ganz besonders denen, die mich mit Kritik, Anregungen, Fragen und Lob belohnten! Per Telefon war ich leider kaum zu erreichen, denn wer bienensüchtig ist wie ich, genießt jede freie Minute bei seinem summenden Personal. Einigen Hartnäckigen gelang es trotzdem, vor allem über E-Mail. Deren Reaktionen habe ich in Themenbereiche gegliedert und kann nun, garniert mit Ihren Kommentaren „in Gänsefüßchen“, das vergangene Jahr Revue passieren lassen.
- Abb. 2: Das Bienenhaus als Materiallager. Aufbewahrt werden ausschließlich helle, unbebrütete, pollenfreie Waben. Sie bedürfen keinerlei Wachsmottenbekämpfung. Mäuse sicher und bienendicht werden sie in Zargen über einem Gitterboden gestapelt, dessen Flugloch mit Schaumstoff und Mäusegitter gesichert ist.
„Früher hat’s doch auch geklappt …“
Nordisch kühl fielen die Reaktionen aus, wenn ich über Tränke / Bienenhaus / Anstrich / Bausperre / Beschläge / Schiete / Futterzargen / Deckelfuttergeschirr / Ablegerkistchen oder imkerliche Jammerei wetterte. Wer sich durch meine Anregungen persönlich angegriffen fühlte, der hat mein Ziel verkannt.
Im Sinne unserer Neuimker geht es mir darum, verzichtbares Material und überholte Betriebsweisen zu entlarven. Den „Erfahrenen“ gönne ich auch
weiterhin Unterstand und Bienenhaus. Sie lassen sich wunderbar für die Lagerung von Beutenmaterial nutzen (Abb.2). Rückenschonendes seitliches Zargen-Abheben (Abb.3), Kippkontrolle zur Schwarmzeit, Windeldiagnose, einfaches Auflösen von Völkern (Abb.4) und freie Sicht auf Bieneneier ist jedoch mit Genuss nur im Freien möglich. Wissen von Generationen, aber trotzdem nicht „von gestern“, daran ist auch mir gelegen.
Abb. 3: Viel Platz um Zargen rückenschonend abzu heben … das ist nur im Freiland möglich.
Abb.4: Simpel selbst für Anfänger: schwache Völker werden im Spätsommer auf eine Rampe vor andere abgeschüttelt. Die Heimatlosen betteln sich problemlos ein, die Königin der aufgelösten Einheit wird von der Fluglochwache entsorgt. Foto: Markus Bollen
„Sie gehen nicht hoch!“
Gegner des Absperrgitters hatten es auch dieses Jahr (Zeitpunkt dieses Berichts war 2010 - Anmerkung des Webmasters) wieder leicht: das ungewöhnlich kühle Frühjahr und die entsprechend zögerliche Entwicklung der Völker sorgten dafür, dass Schwächere die erste große Tracht nicht nach oben in den Honigraum trugen, sondern zunächst im Brutraum deponierten. Lästig, denn bald „traten die Bienen sich in den unteren beiden Etagen auf die Füße“, „die Bruträume waren verhonigt“, „die Schwarmstimmung nervte“. Wer in solcher Situation 3 oder 4 honiggefüllte helle Randwaben (ohne Brut!) aus dem zweiten Brutraum nach oben über das Absperrgitter hängte, hatte das Problem beseitigt. Diese zu sätzliche Arbeit wurde im restlichen Jahr dann wettgemacht durch die Vorzüge des Absperrgitters: simple Schwarmkontrolle, Einsatz der Bienenflucht, flotte Entdeckelung unbebrüteter Waben mit Heißluft, einfache zargenweise Wabenerneuerung und verzichtbare Wachsmottenbekämpfung für überschüssige Waben im Winterlager.
„Meine Flegelbienen…“
schrieb ein Neuimker schon vor einiger Zeit, „…verhielten sich ganz komisch. Zunächst flogen sie als große Wolke herum, danach haben sie sich ins Gras vorm Flugloch geflegelt, eine größere längliche Biene mit roten Pantoffeln kam aus der Menge und verschwand im Efeugeranke. Nachdem ich sie eingefangen hatte, tat ich sie in die Beute und 45min später waren alle Bienen zurück. Hab ich’s mal wieder versaut oder war es o.k. so?“ Große Unsicherheit sprach aus den E-Mails nicht nur der Rat suchenden Jungimker hinsichtlich Biologie und Handhabung ihrer Immen zur Schwarmzeit. Erstaunlich viele „Erfahrene“ logieren unnötigerweise auch Naturschwärme erst nach Kellerhaft ein, etliche haben leider nach wenigen fehlgeschlagenen Versuchen „die Kippkontrolle dauerhaft ad acta gelegt“. Mein Rat: Lassen Sie sich von „Spielnäpfchen“ (=nicht bestiftete Anfänge von Königinnenzellen) nicht „verwirren“! Sie zu brechen macht keinen Sinn! Solange Sie unsicher sind, ziehen Sie zusätzlich zur Kippkontrolle alle Waben und kontrollieren diese auf Schwarmzellen (=Stifte oder Larven enthaltende Königinnenzellen). Mit etwas Übung und (bei schlechter Sicht) einer Taschenlampe ist die Kippkontrolle dann zur Diagnose von Schwarmstimmung genauso verlässlich und deutlich zeitsparender (Abb.5).
- Abb. 5: Die Kippkontrolle – Schwarmlust kinderleicht erkennen selbst für Anfänger.
Denn in nur einem von 40 Fällen sind keine Schwarmzellen beim Blick von unten in den zweiten Brutraum zu erkennen. Und worauf Sie sich verlassen können: im 7-Tage Abstand kontrolliert, und jeweils alle Schwarmzellen gebrochen, geht Ihnen sicher kein Schwarm ab! Haben Sie doch mal eine Zelle übersehen: „erfreuen Sie sich am großen Schauspiel eines Schwarms“ und „machen Sie bei den verdutzten
Nachbarn Werbung für Honig“.
- Abb.6: Schaden durch gekappte Flügel? Offenbar völlig problemlos überstand diese Königin die „Beschneidung“ durch ihre eigenen Untertanen.
„Bei der Prozedur des Zeichnens streckte Frau Königin plötzlich die Beine von sich…“
„…aber ein Glück, nur noch schwach krabbelnd wurde sie von ihrem Volk wieder aufgenommen und (immer noch nicht gezeichnet) erholte sich dort.“ Abgesehen von solchen Unfällen erleichtert das Zeichnen und Flügel-Beschneiden das Imkern und ist, obwohl „martialisch anmutend“, für ihre Majestät kein „schlimmer Eingriff“. Wer einmal die völlig zerrupften Flügel einer nur 1-jährigen Königin betrachtet hat (das Werk ihrer eigenen Untertanen! Abb.6), weiß wovon ich rede.
„Der älteste Energie-Snack der Welt“
... und meine Anregungen zu seiner Ernte und Verarbeitung riefen Unmut hervor. „Mit Sicherheit gegen die Honigverordnung“ verstieße mein Hinweis, die Honigwaben bis zu ihrer Schleuderung in einem warmen Raum mit Luftentfeuchter zu lagern, so die Meinung manches Lesers. Führende Honigexperten sehen das anders! Natürlich dürfen Honigwaben dem Volk erst entnommen werden,
wenn ihr Wassergehalt unter 20% (Deutsche Honigverordnung) oder 18% (D.I.B.) beträgt. Darauf verweise ich eindeutig im Text! Nichts anderes lehre ich meine Jungimker (Abb.7a, 7b). In den Händen des Imkers verliert Honig jedoch in der Regel an Qualität. Wer seine Waben jedoch kurzzeitig bis zur Schleuderung in
einem möglichst trockenen Raum aufbewahrt, der sichert Qualität und verstößt
gegen keine Vorschrift!
- Abb.7a und b: Spritzprobe oder Refraktometer – Honig wird erst entnommen, wenn er nachweislich den richtigen (niedrigen) Wassergehalt hat.
- Abb.8: Varroa im Griff mit den wenigen sinnvollen Maßnahmen zur richtigen Zeit! Drohnenbrutentnahme, sowie der sparsame Einsatz von Milch- Ameisenund Oxalsäure sichern dauerhaft die Gesundheit meiner Bienenvölker. Das A&O jeder Varroabehandlung: zuerst mit einer dreitägigen Windeldiagnose überprüfen, ob eine Behandlung nötig ist!
„Vom Ein- in den 3-, dann den 5-, den 7-Wabenkasten … geht das nicht einfacher?“
Viele Anfragen drehten sich um Königinnenaufzucht und Ablegerbildung. Besonders Jungimker „bin beruflich sehr eingespannt und muss mich auf das Wesentliche beschränken“, setzen auf konsequente und schnörkellose Jungvolkbildung mit günstiger selbst nachgezogener und standbegatteter Königin. Kein Fehler, wie auch meine Erfahrungen zeigen. „Rähmchen, die Adenauer als Kanzler noch life im Radio gehört haben“ haben in den Völkern nichts zu suchen. Spätestens nach zwei Jahren Gebrauch werden Waben zu Beginn der Spätsommerpflege besonders leicht entfernt. Ende Juli durch eine
Gemülldiagnose rechtzeitig vor zu starkem Varroa-Befall gewarnt, kann ich mit dieser Einengung mindestens bis Mitte August geduldig warten. Bis dahin erhalten meine Wirtschaftsvölker auch kein Futter, der Resthonigvorrat auf den Randwaben genügt. Erst ab Mitte August sind die untersten Rähmchen brutfrei, zügiges Arbeiten dann eine Selbstverständlichkeit, die Räuberei vermeiden hilft.
„Es ist doch immer gut gegangen!“
Keinen Auftritt in meinen Texten hatten Kalk-, Sack- und Faulbrut, Nosema, Tracheenmilbe oder Ruhr. Der Grund: in 17 Jahren Imkerei hatte ich nur in wenigen Fällen damit zu tun. Mit Glück hat das wenig zu tun, schließlich berichten viele Imker-Kollegen ähnliches. Über Wohl oder Wehe auch deren Bienenvölker entscheidet vorrangig ein einfacher, aber effizienter Varroa-Fahrplan (Abb.8), der in erster Linie auf wirkungsvolle Entmilbung der Wirtschaftsvölker vor und (wo nötig) nach deren Auffütterung ab Mitte August setzt. Die Restentmilbung im Winter soll für einen möglichst milbenarmen Start
ins nächste Jahr sorgen. Das A&O hierbei: über Windeldiagnose Notwendigkeit und Erfolg der Behandlungen abschätzen (Abb.9), zweckmäßigen Dispenser nutzen, sowie ausschließlich Ameisen- und Oxalsäure einsetzen, die keine Rückstände oder Resistenzen im Wachs erzeugen. „5-vor-12-Imker“, die vor allem auf die Oxalsäure vertrauen, können leider ihre häufig schon totkranken Winterbienen trotz gut wirksamer Säure nicht mehr retten. Dann „stand wieder mal der Fehler hinter dem Kasten!“
Abb.9: Anfang August 2010: Fachleute raten sofort nach dem Abschleudern zur Varroabehandlung. ICH NICHT! Um Brut und Bienen möglichst wenig zu schädigen, behandle ich nur wenn der Varroabefall der Völker es nötig
macht. Nur 4 von 84 Wirt schaftsvölkern und kein einziger Ableger benötigten am 3. August eine Ameisensäurebehandlung. Der Rest durfte sich weiter ungestört entwickeln.
„Warum einfach, wenn’s auch umständlich geht?“
… fragten viele Anfänger. Kaum zu beantworten deren Fragen wie: „Warum so viele Maße, Systeme und Betriebs weisen, wo doch ganz Brasilien (immerhin 24mal so groß wie Deutschland) mit einem Rähmchenmaß und einer Betriebsweise aus kommt?“ „Wie soll ich mich in einem Verein wohl fühlen, dessen Durchschnittsalter dem der Galapagos-Schildkröten ebenbürtig ist mit ebensolcher Flexibilität und Aufgeschlossenheit?“ Über 300 Jungimker habe ich in 2010 im Auftrag des IV Rheinland e.V. sowie des LV Westfälischer und Lippischer Imker e.V. ausgebildet. Im Durchschnitt 45 Jahre alt, stehen die meisten im Berufsleben, versorgen Kinder und/oder Eltern und müssen sorgsam mit Geld und Zeit haushalten.Von der Imkerei erwarten
Ent spannung und Naturverbundenheit, leckeren Honig und nach einigen Jahren vielleicht ein paar Groschen extra. Schwankend zwischen Passivphasen und Panikattacken sorgen wir Imker aktuell nicht gerade für ein solch harmonisches Bild in der Öffentlichkeit. Nach dem Motto „only bad news are good news“ zetteln wir gut gemeinte Debatten über „Exzesse der industriellen Landwirtschaft“ und „Existenz gefährdende Techniken“ im idealisierten Bild einer vermeintlich „bisher unberührten Natur“ an. Anstatt das eigene Tun zu überdenken, suchen wir auf Nebenkriegsschauplätzen nach Gründen für Völkerverluste. Wer wendet sich denn freiwillig einem solch Problem beladenen Hobby zu?
„Sie haben das Arbeiten an den Bienen als etwas Freudvolles beschrieben, das so geheimnisvoll dann auch wieder nicht ist, als dass man es nicht lernen könnte.“ Danke, genau das wollte ich! Es gibt nicht nur EINE Weise mit Bienen umzugehen. Aber eine intelligente Beute, eine konsequente Betriebsweise mit wenigen, aber effektiven Eingriffen und eine regelmäßige Überprüfung und Entrümpelung in Kopf und Bienenhaus helfen, um dauerhaft erfolgreich zu imkern. Ich hoffe auch Sie haben sich, wie zahlreiche Jungimker „im fortgeschrittenen Alter“ sowie „Imker-Veteranen mit und ohne Hütchen“, mit mir wenig geärgert, aber dann und wann „köstlich amüsiert“. Für 2011 wünsche ich Ihnen volle Honigtöpfe, sowie gesunde und starke Bienenvölker und Jungimker! (Abb.10)
- Abb.10a und 10b: Bienen „halten“ macht Spaß! Mir und meinen Jungimkern.
- Fotos: Günter Schulz
Checkliste:
DAS können Sie sich im Dezember schenken!
o Verzweifelte Suche nach neuen Standorten. Tipp eines Jungimkers: „ein Zeitungsinserat – Suche Stellplatz für meine fleißigen Immen“ brachte sofort 5 Angebote von Obstbauern und Gartenbesitzern (Abb.11).
Der neue Stand ist schnell aufgebaut: auf Doppel-T-Steinen hochgebockte
Paletten oder Holzplanken sind einfach zu transportieren und halten gut 5 Jahre. Für den Transport Völker möglichst erschütterungsfrei mit einem Wandergurt sichern, im Auto nicht stark heizen. Im Winter können Völker auch kurze Distanzen im eigenen Garten verstellt werden. Nach 3 Wochen Flugpause prägen sie sich jeden neuen Standort ein.
o Sorgen über winterlichen Totenfall. Bis zu einem Drittel ihrer Bienen finden sich nach strengen Wintern auch bei gesunden Völkern im Unterboden (Abb.12). Mit Mäusegitter verstopft trotzdem kein Flugloch. Den bei Jungvölkern
gegen Räuberei angebrachten Schaumstoffstreifen habe ich Ende November mit der Oxalsäurebehandlung entfernt.
o Weisellose Völker im Frühjahr und „Reserveköniginnen“ überwintern. Kenn’ ich nicht und brauch’ ich nicht.
o Wehklagen über schwierigen Honigabsatz. Gründen Sie bei unbefriedigendem Absatz ab Haus eine Honigerzeuger-Gemeinschaft! Gemeinsam mit anderen profitieren Sie so vom Preishoch regional erzeugter Produkte. Wertvolle Tipps z.B. der Initiative „Honigland“ gibt’s unter www.honigland.org.
o Meinetwegen weitere graue Haare.