Monatsbetrachtung für Januar
Autor: Dr. Pia Aumeier
Ich dachte, Imker sind ältere (alte) Männer mit Hütchen die hutzlig in kleinen Gruppen zusammensitzen!“, so eine Jungimkerin aus einem Anfängerkurs 2007. Klingt das nach Ihrer Vereinsversammlung? Wer jetzt entrüstet „Nein!“ einwirft, dem gebe ich natürlich Recht, denn nicht jeder Imker trägt ein „Hütchen“.
Antiquiert und kompliziert
Auf die Frage „Was hat Sie bisher davon abgehalten, selbst mit der Bienenhaltung zu beginnen?“ gab die Hälfte meiner letztjährigen 290 Neuimker mangelnde Zeit für die offenkundig aufwändigen und vielfältigen Arbeitsschritte in der Bienenhaltung an. Ein Drittel scheute die hohen Anfangsinvestitionen für angeblich unentbehrliches Equipment. Viele fühlten sich als „Frischfleisch“ in den Reihen der Bienenfreunde zwar freudig begrüßt, wunderten sich jedoch schon bald über die seelige Unkenntnis und die mangelnde Professionalität mit der ihr Imkervater sich fast täglich an seinen Immen abmühte.
Imker haben kein Verfallsdatum
Ob mit oder ohne Hut, weder die viel beklagte Überalterung noch das aktuelle Geschlechterverhältnis müssen ein nachhaltiges Problem darstellen. „Meine“ Jungimker aus 2009 zählen zwischen 6 und 76 Lenzen, im Schnitt sind sie 46 Jahre alt. Die meisten stehen mitten im Berufsleben, versorgen Kinder, Eltern und Haushalt. Fast ausnahmslos hat der Blick über die Schulter eines älteren Imkers sie in den Bann unserer stacheligen Haustiere gezogen. Doch anders als ihr Imkervater müssen die meisten in dieser Lebensphase mit Zeit und Geld haushalten. Ist der Pate – egal welch biblischen Alters – bereit sich darauf einzustellen, keine musealen Glaubensweisheiten, sondern seinen Erfahrungsschatz mit aktuellen Informationen zu vermitteln, bleibt die Imkerei kein teures Buch mit sieben Siegeln sondern macht Lust auf mehr.
Meine Reise durch Zeit und Raum
Ich persönlich trage weder Hut noch Schleier (s. Abbildung Titelseite), bin 22 Jahre jünger als der deutsche Durchschnitts-Bienenhalter, eine von etwa 2000 in Deutschland imkernden Frauen und fühle mich dennoch pudelwohl zwischen den Herren. Knapp 5000 von Ihnen habe ich allein im vergangenen Jahr in meinen Vorträgen und Schulungen kennen gelernt. DAS hätt’ ich mir vor 14 Jahren nicht träumen lassen! An einem schönen Maitag stand ich damals auf der obersten Sprosse einer Leiter, einen Hobbock in der einen Hand, eine Sprühflasche in der anderen und fing meine ersten eigenen Bienen… Inzwischen bewirtschafte ich etwa 110 Bienenvölker, die mit mir schon weit rumgekommen sind. Nach Biologiestudium und Diplomarbeit an der Bayerischen Landesanstalt für Bienenzucht zog es mich während und nach der Promotion an die Landesanstalt für Bienenkunde in Stuttgart-Hohenheim, nach Tübingen, die Bienenkunde in Bonn, aber auch nach Brasilien und Südafrika. Als wissenschaftliche Angestellte bin ich zurzeit an der Ruhr-Universität Bochum tätig. Dort beschäftige ich mich in Lehre und Forschung mit Honigbienen, Hummeln, Wespen, Varroa, anderen Bienenkrankheiten und Studenten und führe unsere Versuchsbienenhaltung.
Fünf Imker – sechs Meinungen
Nach meinen Hobbies befragt, nenne ich „Honigbienen UND Imker/Innen“. Denn ein besonderes Anliegen ist es mir, in meiner Freizeit in Vorträgen, Kursen und Artikeln neueste Erkenntnisse aus der aktuellen Forschung in die imkerliche Praxis zu vermitteln. Allen Jungimkern möchte ich damit einen einfachen Weg durch die imkerliche Meinungsvielfalt weisen, allen jung gebliebenen Erfahrenen Anreize für Arbeitserleichterungen geben. So ist es möglich mit minimalem Aufwand maximalen Ertrag zu erwirtschaften. Wer konsequent und zum richtigen Zeitpunkt die wenigen sinnvollen Maßnahmen durchführt, der benötigt pro Bienenvolk und Jahr nicht mehr als 7 Stunden Arbeitszeit: je 3 Stunden für die Völkerführung sowie die Honigverarbeitung bzw. -vermarktung, und eine Stunde für das Aufarbeiten von Wachs und Waben. Gut geplant, sind nur knapp 30 Eingriffe nötig, um ein Bienenvolk ganz jährig gesund und ertragsstark zu erhalten.Kombiniert man alle Maßnahmen geschickt, sind nur etwa 15 Standbesuche jährlich nötig. Gewusst wie war Imkern noch nie so einfach wie heute. Voraussetzung dafür: eine geeignete Ausrüstung.
Grundausstattung am Puls der Zeit
Haben Sie zuviel Zeit und Geld? Dann bauen Sie sich ein Bienenhaus! Wer nicht aus Zucker ist und sich über Sonne auf der Nase freut, stellt seine Magazine frei auf. Standort, Beute und Aufstellung wählt der schlaue Imker dabei nach SEINEN Bedürfnissen (z.B. mit dem Auto direkt anzufahren, für seine Bienen sind diese Faktoren meist unbedeutend. Die Stände sind aus Paletten oder Holzbalken und Steinen in wenigen Minuten aufgebaut. Keine Wand stört jetzt das Kippen der Zargen oder Einschieben der Windeln.
Kein schummriges Licht behindert die Sicht auf Eier und jüngste Larven. Stehen je 2 Völker auf einer Palette mit Abstand zur Nachbarpalette lassen sich schwere Zargen Rücken schonend auch seitlich abheben. Trotz Sonne, Regen und Wind ist auch ohne jeden Anstrich nach 14 Jahren Gebrauch kein einziges Beutenteil verschlissen. Und unseren Bienen genügen nachweislich ein Innendeckel und die Blechhaube vollkommen als Witterungsschutz. Das gilt auch im Winter, denn Bienen beheizen weder Beute noch Bienenhaus, sondern ausschließlich ihre Wintertraube. Mit formschönen Landebahnen, Beutenheizungen und umfassenden Isolationen kann man die Beute zu einem traumhaften Eigenheim für Bienen gestalten. Wichtig ist das freilich nur für manchen Imker – den Bienen ist es egal. Form, Farbe, Material, Isolation oder Größe der Behausung haben nachweislich keinen Einfluss auf die Entwicklung von Bienenvölkern. Daher gilt: einfach, günstig und haltbar soll sie sein. Die Hohenheimer Einfachbeute besteht aus leichter Weymouthskiefer und Hartholz am empfindlichen Boden. In einheitlicher Zargengröße, mit breiter Griffleiste und ohne Anflugbrett, ohne Falz, metallene Auflageschienen oder „Häkchen und Schlösschen“ ist sie nicht nur einfach selbst herzustellen (www.uni-hohenheim.de/bienenkunde/einfachbeute.htm) sondern auch dauerhaft wartungsarm, ermöglicht zudem kinderleichte Schwarmkontrolle, Ablegerbildung, Wanderung, Spätsommerpflege und Wabenhygiene. Auch hinsichtlich des Rähmchenmaßes sind Bienen wesentlich toleranter als ihre Halter. Das größte gängige Maß (Langstroth) macht am wenigsten Arbeit, in Deutschland sind jedoch Zander und Deutsch Normal (DN) weit verbreitet. Beuten auf DN-Maß sind etwa 20% kleiner und damit leichter als Zander, einem Volk die gleiche Wabenfläche zur Verfügung zu stellen macht damit aber auch 20% mehr Arbeit, denn es müssen mehr Rähmchen genagelt, gedrahtet, eingelötet usw. werden. Für die Volksentwicklung ist das Rähmchenmaß einerlei, daher imkere ich auf Zander mit langen Ohren, modifizierten (dicken) Oberträgern und Hoffmanns-Seitenteilen aus Hartholz. Der „Pinzettengriff des DN-Imkers“, lästiger Zwischenbau, Rähmchen in Einzelteilen, verlorene Abstandshalter und das Einsetzen von Ösen sind so in meiner Imkerei „Schnee von gestern“.
Möchten Sie sich in Zukunft winterliche Fluglochkontrollen ersparen? Nie mehr schimmlige Randwaben und verklebte Böden sehen? Keine verbrausten Völker mehr beim Wandern? Nie mehr „ins Blaue hinein“ behandeln, sondern jederzeit ohne Einsatz von Rauch und trotzdem stichfrei über den Varroabefall Ihrer Völker informiert sein? Dann führen Sie Ihre Völker ganzjährig über offenem Gitterboden und schieben nur zur Milbendiagnose von hinten eine Stockwindel ein.
Viele Wege führen nach Rom
…aber die meisten sind Umwege! Sechs Institute mit fünf verschiedenen Beutensystemen und teils spektakulären Betriebsweisen haben mich gelehrt: auch ohne Umwege kann jeder starke Völker einfach, kostengünstig und mit wenig Arbeitsaufwand halten. Mit der „Statt“-Betriebsweise:
- sanftmütige Bienen statt Schleier und Handschuhen
- Holzmagazinbeuten ohne Falz frei aufgestellt statt Bienenhaus und Freistand
- Gitterboden mit Schublade statt Unterbodentausch und schimmligen Waben im Frühjahr sowie Stichen bei der Gemülldiagnose
- Zandermaß mit langen Ohren und dicken Oberträgern statt Rähmchenvielfalt, gequetschten Bienen, gestochenen Imkern und Zwischenbau
- Bach statt künstlicher Bienentränke
- Absperrgitter statt Königin suchen, Schwarmzellen brechen in 4-5 Räumen je Volk, bebrüteten Honigwaben und Wachsmottenproblemen
- Rechtzeitig sanft schröpfen statt schwarmlustige Völker
- Königinnenaufzucht im 9-tägigen Sammelbrutableger statt brutlose Waben suchen, Waben hochhängen oder abkehren, Bienen sieben, Anbrüter, Starter, Finisher
- Begattungsvölkchen im Viererboden statt KBK, EBK, Queenbox, Kirchhainer oder 3-4-5-Waben- Ableger-Ruckzuck-Kistchen
- Begattungsvölkchen auf jungem Naturwabenbau zu überwinterungsfähigen Jungvölkern entwickeln lassen statt Ablegerbildung durch Saugling, Fegling oder Treibling
- kontinuierliche Wabenhygiene statt Krankheiten und Kunstschwärmen in letzter Minute
- platzsparende Eimer statt teurem Futtertrog
- Ameisen- und Oxalsäure gegen die Varroa-Milbe statt Rückständen in Wachs und Honig, resistenten Milben oder leeren Versprechungen
- nur starke Völker mit höchstens 2- jährigen Königinnen und ausreichend Futter einwintern statt Bangen unterm Weihnachtsbaum, im Frühjahr Futter zuhängen und tote oder weisellose Völker abräumen
- nur helle Waben im Wabenlager statt umständlicher Wachsmottenbekämpfung
Wer regelmäßig Bienenhaus und Kopf entrümpelt, wirkungslose Arbeitsgänge entlarvt, der gestaltet sein stacheliges Hobby so einfach und effizient wie möglich und macht auch unzähligen Neuimkern „Lust auf eigenen Honig“. (Abb.8)
Checkliste – DAS können Sie sich im Januar schenken!
- Völker im Bienenhaus oder Freistand vor der Witterung schützen, „wärmend“ einpacken, Stockheizung anbringen oder isolierenden Innendeckel verwenden. Sinnlos!
- Fluglöcher kontrollieren und dabei Mäuse verscheuchen. Die Mäusegitter verwehren seit November ungebetenen Gästen den Zutritt, ermöglichen gleichzeitig den Bienen trotz Totenfall noch den Weg nach draußen.
- Entnahme der Folie zur besseren „Entfeuchtung“ der Beute. Folien sorgen nicht für Feuchtigkeit, sondern für leichteres Imkern.
- Völker notfüttern, Bienensitz „richten“. Nach umsichtiger Spätsommerpflege verfügen die Völker über genügend Futter bis März oder April.
- Varroabehandlung nach Jahreswechsel. Wer jetzt erst kommt, der kommt zu spät. Ihnen allen wünsche ich ein frohes neues Jahr! Viel Erfolg und erlebnisreiche Stunden mit Ihren Bienen. Ihre Pia Aumeier