Königinnenaufzucht und Ablegerbildung zur Schwarmzeit

Spontan improvisieren oder planvoll agieren?

Wem ist das noch nicht passiert? Bei der regelmäßigen Durchsicht zur Schwarmzeit ist ein Volk verdächtig bienenarm oder es fehlt jede Spur von Eiern. Der Schwarm (oder zumindest die Königin) ist weg! Sind Weiselzellen vorhanden, überlässt der Wagemutige das Volk sich selbst. Wer seine Bienen aber sicher behalten will, der teilt sie in Ableger auf: Je eine Futterwabe, ein Brutbrett mit etwa 4.000 verdeckelten Brutzellen, mindestens einer Weiselzelle und 1.000 ansitzenden Bienen (ADIZ/db/IF 4/2008, S. 14) sind bis Mitte Mai genug. Mit kleinem Flugloch außerhalb des Flugradius (3 km) aufgestellt und kontinuierlich gefüttert, entstehen daraus überwinterungsfähige Völker. Besser durchdacht und geplant verläuft die Ablegerbildung jedoch weitaus weniger Nerven aufreibend …

Ablegerbildung für Faule – aus 1 mach 2

Haben Sie keine Lust, allwöchentlich Schwarmkontrollen durchzuführen und eventuell bei einzelnen Völkern mehrfach Schwarmzellen zu brechen? Dann verstellen Sie bei Flugwetter das Volk um einige Meter und platzieren es auf einem neuen Boden. Beim nächsten Ausflug werden seine Flugbienen an den ursprünglichen Platz zurückkehren … und dort auf den bekannten Boden mit einer neuen Zarge stoßen. Hinter eingeengtem Flugloch enthält sie eine Futter- und eine offene Brutwabe. Genug, um sich eine Königin nachzuziehen. Der Nachteil dieser Fluglingsbildung: Beide Volksteile bringen deutlich weniger Honig. 

Ablegerbildung für etwas weniger Faule – aus 1 mach bis zu 3

Wer vor Einsetzen der Schwarmlust schonend schröpft, der dämpft nicht nur den Schwarmtrieb, sondern kann zwei Ableger aus jedem starken Wirtschaftsvolk gewinnen. Und das ohne messbare Minderung des Honigertrags! Und so wird’s gemacht:

Entnommen werden Brutbretter mit ansitzenden Bienen. Sie sind bei den regelmäßigen Kippkontrollen schnell ausgemacht: Sie fallen durch verdeckelte Brutzellen bis an die Rähmchenunterkante auf.

Nachschaffungszellen ragen direkt aus dem Brutnest hervor. Wer sie in gnädiger Unkenntnis ebenso wie Schwarmzellen bricht, nimmt seinem Volk meist die letzte Chance auf eine neue Königin.

Baurahmen und Volksstärke geben Auskunft über die richtige „Dosierung“ der Schröpfung: Ist der Baurahmen in nur drei Tagen ausbaut und bestiftet und füllen die Bienen nach Einstellung des Flugbetriebes beide Brutraumzargen und als Traube den Gitterboden, so können in der Regel gleich zwei Brutbretter entnommen werden.

Mittelstarke Völker liefern in der zweiten Aprilhälfte nur ein Brutbrett, können jedoch Anfang Mai meist ein zweites entbehren. Jede geschröpfte Brutwabe wächst (wenn wie oben beschrieben behandelt) problemlos zu einem überwinterungsfähigen Ableger. Wissenschaftlich belegt ist inzwischen: Stärker gebildete Brutableger brüten mehr, produzieren in dieser Brut aber auch mehr Varroa-Milben, verbrauchen mehr Futter und wintern letztlich doch nicht stärker ein! Bei der frühzeitigen Ablegerbildung ist weniger also mehr!

Ablegerbildung für Professionelle – gezielte Auslese

Kompliziert scheint es für den zu werden, der nur Königinnen ausgewählter Herkünfte heranziehen möchte. Larven, Zellen oder geschlüpfte Jungköniginnen  werden von Ablegern nur sicher angenommen, wenn die eigene Brut verdeckelt und alle Nachschaffungszellen gebrochen sind. „Professionelle“ machen es noch  diffiziler: Von A wie Anbrüter über Belegstelle, Buckfast, Carnica, Cubitalindex … bis hin zu Vatervolk, Zuchtlatte und Zusetzkäfig … ganze Bücher sind gefüllt mit Methoden zur Königinnenzucht.

Entsprechend hart prallen die Meinungen über „die richtige Technik“ oder „die richtige Biene“ aufeinander … fassungslos beäugt von den meisten Jungimkern – und vielen entmutigten Erfahrenen. 

Abbildung 1: Vergleich der Volksstärken einer „Wald- und Wiesen-Herkunft“ mit Völkern vorselektierter Zuchtlinien aus sieben deutschsprachigen Bieneninstituten: Die Herkunft hatte keinen Einfluss auf die durchschnittliche Volksstärke oder den Honigertrag.

Dabei kann es so einfach sein: Schon mit nur 6 Wirtschaftsvölkern kann jeder unter sparsamstem Einsatz von Material (= Geld) und Zeit (= Geld) aus den geschröpften Brutbrettern ein starkes Pflegevolk erstellen, darin gesunde Königinnen aufziehen lassen und sie dann in bis zu 20 Begattungsvölkchen aufteilen. Die einzelnen Schritte werden nachfolgend beschrieben und mit einer Bilderserie veranschaulicht.

Königinnenaufzucht und Ablegerbildung in einem Rutsch

(1) Gestartet wird Ende April bis Mitte Mai mit 9 geschröpften Brutbrettern à 4.000 verdeckelte, etwas offene Brut und 1.000 Bienen. Sie werden mit einer Futterwabe versehen als Sammelbrutableger außerhalb des Flugradius der geschröpften Völker aufgestellt. Dabei keine Königin mitnehmen! Wer sie nicht suchen will, nutzt die Sauglingsmethode (ADIZ/db/IF 4/2008, S. 12).

(2) Neun Tage später ist alle Brut verdeckelt. Im Durchschnitt sind bereits 9 Zwölftel der verdeckelten Brut (= 3.000 Bienen pro Wabe) geschlüpft. 30.000 junge, pflegebereite Bienen sitzen dicht gepackt und arbeitslos. Sie machen den Sammelbrutableger zum idealen Pflegevolk für die Königinnenaufzucht.

(3) Wer faul ist wie ich und zügig arbeitet, setzt möglichst kleine Larven direkt am Volk in Plastik-Weiselnäpfe um. „Feucht oder trocken“ ist dabei eine Frage des Geschmacks. Untersuchungen zeigen: Je stärker das Pflegevolk und je jünger seine Bienen, desto höher die Annahmequote. 

(4) Unbedeutend sind hingegen das Material der Weiselzelle (Wachs oder Plastik), eine „Bespeichelung“ der Zelle durch Bienen, die Verwandtschaft der Larven mit den Pflegebienen oder eingebrachter Futtersaft. In ein kühlendes feuchtes Tuch eingeschlagen, überstehen die Larven sogar schadlos 2-stündige Autofahrten.

(5) Einzig „Knauser“ haben mit Rückschlägen bei der Annahme zu rechnen: Duftspuren der Vorgänger-Puppen können bei mehrfach eingesetzten Weiselnäpfchen die Pflegebienen zu verfrühter Verdeckelung veranlassen.

(6) Direkt vor Einsetzen des belarvten Zuchtrahmens an Stelle einer brutfreien Wabe in die Beutenmitte werden alle (!) Nachschaffungszellen gebrochen. Um auch solch gut „getarnte“ nicht zu übersehen, wird die rammelvolle Zarge auf einem umgedrehten Blechdeckel beiseite gestellt. Eine Zarge mit Futterwaben auf den Beutenboden platzieren, darauf eine Leerzarge, in die nun die Waben bequem abgeschüttelt, auf Weiselzellen untersucht und eingehängt werden.

(7) Die Futterwaben schaffen Platz für die zahlreichen Bienen; sind sie nur halb mit Futter gefüllt, wird der Verbau des Zuchtrahmens bei Tracht wirkungsvoll gemindert.

(8) Verschult werden die Weiselzellen frühestens 4, spätestens 10 Tage nach dem Umlarven, zusammen mit je 4 – 6 Begleitbienen. So sind sie vor sich und vor dem Abschwärmen aus dem starken Pflegevolk geschützt. In ihrer mittleren Puppenphase sollen Königinnen besonders stoßempfindlich sein … meine wilden Autofahrten haben sie trotzdem immer überstanden.

(9) Der Zuchtrahmen bietet nicht für jede Weiselzelle in ihrem voluminösen Käfig Platz. Die Überzähligen schlüpfen genauso gut auf den Rähmchenoberträgern „in der Horizontalen“. Der Deckel der Hohenheimer Einfachbeute hat eine passgenaue  Aussparung.

(10) 21 Tage nach Schröpfung der Brutwaben wird das Pflegevolk zum Heimatstand zurück gewandert und in bis zu 20 Begattungsvölkchen aufgeteilt: Für jedes eine Beute bereitstellen. Dann je eine bienenbesetzte Wabe mit 15%iger Milchsäure gegen Varroa einsprühen, an eine Beutenwand hängen, daneben ein leeres gedrahtetes Rähmchen, daneben eine Futterwabe. Das Flugloch mit einem Schaumstoffstreifen bis auf 2 cm an der Beutenwand einengen.

(11) Je eine frisch geschlüpfte Königin einfach zulaufen lassen, die Damen kennen sich. Wer sich nicht an den korrekten Zeitplan hält, muss sich nicht wundern, wenn die länger gekäfigten Königinnen beim Öffnen davon fliegen oder kopfüber in ihrer Zelle verhungert sind, wo sie versucht hatten, den eingetrockneten Futtersaft zu erreichen. Wer viel zu transportieren hat, logiert je eine Bienen-, eine Futterwabe und eine Königin in den platzschonenden Viererboden.

Fortsetzung folgt im Juni …

 

Checkliste: DAS können Sie sich im Mai schenken! 

  • Zuchtstoff-Gewinnung mit Bogenschnitt, künstlichen Stecksystemen, gesperrter Königin etc. Umständlich oder teuer. Wer sich mit dem Umsetzen kleinster Larven schwer tut, kann
    a) seine Frau, Kinder oder Enkel einspannen,
    b) die „Strumpfhosentechnik“
    anwenden: Brut passender Größe aus einer Wabe mit sanftem handwarmen Wasserstrahl ausspülen. Dabei ein Stück schwarzer Damenfeinstrumpfhose als Auffangsieb verwenden. Nun sind sie leicht zu erkennen und umzusetzen.
  • Weiselnäpfchen selbst gießen, putzen, auslecken lassen oder feucht umlarven.
  • Brutlose Waben suchen, hochhängen, Anbrüter, Starter, Finisher. Entweiseln eines Wirtschaftsvolkes vor Trachtende. Pflegevölker lassen sich schonender und einfacher bilden.
  • Aufstecken geöffneter Verschulkäfige auf frisch belarvte Zellen, um Verbau zu mindern. Winzige Königinnen durch schlechte Pflege.
  • Endpflege im Brutschrank. Niemand kann es besser als die Bienen.
  • Der Ablegergröße „angepasste“ oder spezielle Paarungskästen verwenden. Lohnender Einsatz nur für Vermehrungsbetriebe. Im Baum gibt’s auch keinen Schied. Wer Begattungsvölkchen im Standmaß bildet, hat keine Spezial-Waben zu entsorgen oder nutzloses Gerümpel.
  • Drohnenvölker für eigene Begattung am Stand halten. Varroa-Fabriken. Gesunde Männer gibt es überall!
  • Biometrische Daten bei Bienen erfassen. Für die Volksentwicklung so unbedeutend wie Beuten- oder Rähmchenmaß.
  • Rückstände, Resistenzen. Jungvölker mit organischen Säuren behandeln.
  • Zuchtfortschritte an eine („reine“) Rasse knüpfen. Gekörtes Material zum Einsatz in jedem Ableger propagieren. Erfolge in der Standbegattung ausschließlich der Partizipation an „leistungsgeprüften“ Königinnen zuschreiben. Unbewiesen und unglaubhaft, betrachtet man die „Sicherheit“ von Belegstellen, mangelnde Qualität vieler Zuchtköniginnen und Variabilität in unselektierten Populationen. Wer bei ausreichender Völkerzahl hart ausliest auf 1. Sanftmut (=   Stich pro Jahr bedeutet Ausschluss), 2. Schwarmlust (Nulltoleranz) und 3. Honigertrag (> 60 kg) erhält meine Bienen: manchen „Rotarsch“, Abstammung unbekannt und trotzdem erste Sahne!
  • Aus Angst um Gesichtsverlust Unverständliches nicht hinterfragen! Seien Sie unbequem! Nur das bringt uns weiter!

 

 

Jungimkertipp:
Schauvolk mal anders – „Wilde Bienen“ zwischen Fenster und Laden

Vor wenigen Jahren hatte sich oben in einem Fenster unseres Ferienhauses in der Haute Provence, zwischen Scheibe und Fensterladen, ein Schwarm recht dunkler Bienen niedergelassen. Er wuchs zusehends und ebenso wuchs unser Interesse an ihm. Vorhang zur Seite ziehen und Nachschauen wurden zum täglichen Ritual. In Hausnähe gibt es große Felder mit Thymian, Lavendel, Sonnenblumen und Ysop, und so waren bis zum Herbst 8 – 10 Waben schon 40 cm lang, und im nächsten Frühjahr kamen noch einmal 30 cm dazu.
Nach zwei Jahren dieser zwangsläufigen Teilverdunklung im Wohnraum sollte das Volk eine ordentliche Bleibe bekommen. Ich hatte inzwischen einiges über Bienen gelesen, und mein Mann stand mir mit technischer Hilfe zur Seite.
Ein früher Morgen im Juli (wir glaubten, die Bienen schliefen noch) war für die Umsiedlung ausersehen. Mit großer Mühe konnten wir den Laden auf einer Seite lösen. Schwer vermummt, auf einer Leiter oder auf Brettern zwischen Leiter und Fensterbank stehend (quasi Hochparterre), gelang es mir, jeweils nacheinander  die untere Hälfte der Waben, in der ich die Brut vermutete, abzuschneiden, sie mit Hilfe von Gummibändern in leere Rähmchen zu heften und in die bereitgestellte Beute zu hängen.
Die Bienen hatten das gar nicht gerne, und ich konnte nach kurzer Zeit in der mich umgebenden dunklen Wolke nur noch ahnen, wo ich den nächsten Schnitt ansetzen musste. Hinzu kam, dass die Waben recht schwer von Honig waren, abbrachen und in die unter mir stehende gereinigte Schubkarre fielen. Trotzdem lief bald der Honig die Hauswand hinunter, was sich natürlich in der Umgebung „herumsprach“, und unter die Bienen mischten sich hunderte von Wespen.
Die Königin war glücklicherweise mit in der Beute gelandet. Am Abend des folgenden Tages hatten wir einen freundlichen Menschen mit einem Grundstück im nächsten Ort gefunden, wo wir die Bienen unterbringen konnten. Nach dem Austropfen der geretteten Wabenteile und dem Ausschaben der Schubkarre liefen 27 kg Honig durchs Sieb, doch das später wieder zurückgeholte Bienenvolk erwies sich als unerträglich stechfreudig.

Antje Spott

Fotos: Antje Spott